Autor: Prof. Dr.med. Dr.rer.nat. Oliver Ullrich
Die Universität Zürich und die Schweizer Luftwaffe führen seit 2010 gemeinsam ein einzigartiges Forschungsvorhaben in der Weltraummedizin durch. Hierbei wird die Schwerelosigkeit, welche durch Flugmanöver während regulärer militärischer Übungsflüge entsteht, für Forschungen an menschlichen Zellen eingesetzt. Dafür wurde vom Forschungsteam ein spezielles „fliegendes Labor“ entwickelt, welches in einen Kampfjet des Typs F-5E Tiger der Luftwaffe eingebaut werden kann. Der Datenlogger MSR145 von MSR Electronics ist wesentlicher Bestandteil dieses Systems.
Prof. Dr.med. Dr.rer.nat. Oliver Ullrich
Professor für Anatomie und Direktor des Anatomischen Instituts, Universität Zürich und Honorarprofessor für Weltraumraumbiotechnologie, Universität Magdeburg
Der 1970 in Berlin geborene promovierte Arzt und Biochemiker Prof. Oliver Ullrich leitet verschiedene internationale weltraummedizinische und gravitationsbiologische Forschungsprojekte, u.a. auf der Internationalen Raumstation (ISS), bei der chinesischen Weltraummission Shenzhou-8, auf Forschungsraketen und Parabelflügen. Er ist gewähltes Akademiemitglied auf Lebenszeit der International Academy of Astronautics, Leiter Raumfahrtmedizin / Space Life Sciences und Mitglied des Vorstandsrates der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin (DGLRM), sowie Mitglied in verschiedenen Gremien der internationalen Raumfahrt.
Forschung in Schwerelosigkeit und unter Weltraumbedingungen ist sehr limitiert, schwer zugänglich, aufwendig und kostenintensiv. Wer in Schwerelosigkeit forschen will, muss entweder Experimente für die Internationale Raumstation (ISS), für Forschungsraketen oder für Parabelflüge beantragen. Es vergehen oftmals viele Monate, mitunter auch viele Jahre, bevor das eigentliche Experiment beginnen kann. Schnelle und wiederholte Versuchsabläufe, wie sie in der Biomedizin üblich und erforderlich sind, lassen sich daher mit dem bisherigen Repertoire an Forschungsmöglichkeiten in Schwerelosigkeit kaum realisieren.
Forschen in der Schwerelosigkeit mit dem fliegenden ARES-Labor
Mit dem Projekt ARES (Aircraft-based Reduced-gravity Experimental System) gingen Prof. Dr. Dr. Oliver Ullrich von der Universität Zürich und Hauptmann Dr. Marc Studer, Berufsmilitärpilot der Schweizer Luftwaffe, gemeinsam einen neuen Weg: Statt des einmalig pro Jahr stattfindenden Grossexperiments mit langer Vorbereitungszeit ermöglicht ihr Ansatz viele kleine, schnell wiederholbare Experimente mit kurzen Vorbereitungszeiten. Ähnlich wie in einem normalen Labor auf der Erde sind Versuche nun in Tagen bis Wochen durchführbar. Der Luftwaffe entstehen durch dieses Projekt keine zusätzlichen Kosten, denn das Flugmanöver mit extremen Steig- und Sinkflügen, bei denen 40 Sekunden Schwerelosigkeit erzeugt wird, findet am Anfang eines regulären militärischen Übungsfluges statt. Während des Parabelmanövers führt eine im Tiger-Kampfjet installierte Versuchsapparatur Experimente mit lebenden menschlichen Zellen vollautomatisch aus. Dafür wurde eine spezielle Experimentapparatur entwickelt, die eine programmierbare und automatisierte Durchführung von sechs unabhängigen Zellkulturexperimenten an Bord erlaubt.
Mittels eines standardisierten Parabelmanövers werden bis zu 45s Schwerelosigkeit in einer Qualität von weniger als 0,05g in allen Achsen erreicht. Ihr Hauptaugenmerk richten die Forscher auf die Fehlfunktion des menschlichen Immunsystems in der Schwerelosigkeit, eines der Hauptprobleme der bemannten Raumfahrt. Die Experimente helfen aber auch zu verstehen, ob Zellen nur in Anwesenheit der Schwerkraft korrekt funktionieren und warum.
Mini-Datenlogger MSR145 als integrale Bestandteile der Steuereinheit des Experimentsystems
Zwei MSR145 Datenlogger messen während der Flüge kontinuierlich zuverlässig und präzise die Beschleunigungen in allen drei Achsen, sowie Druck und Temperatur. Die Datenlogger MSR145 von MSR Electronics werden auch bei der Standardisierung und Training des Parabelmanövers durch Piloten der Luftwaffe eingesetzt. Zudem dienen die Datenlogger der sorgfältigen Temperatur-Überwachung der transportierten menschlichen Zellen von der Universität Zürich zum Militärflugplatz Emmen.
Neben dem Forschungsprojekt ARES wird der Datenlogger MSR145 vom Wissenschaftlerteam der Universität Zürich auch zur Überwachung der Beschleunigung in alle drei Achsen auf Parabelflügen mit dem Airbus A300 (Bordeaux-Merignac) eingesetzt.